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Die australischen Aborigines-Frauen. Erinnerungen an die Traumzeit
Wer sind die Aborigines?
Bevor die Weißen kamen, hatte Australien, der 5. Kontinent, für Tausende von
Jahren ungestört und in fast völliger Isolation existiert und so eine
einzigartige Flora und Fauna bewahrt, mit Pflanzen, die es sonst nirgends gibt
und mit seltsam aussehenden Beuteltieren in allen möglichen Größenordnungen.
Auch die Menschen, die den Kontinent zwar dünn, aber gleichmäßig bevölkerten,
hatten gewisse archaische Merkmale bewahrt. Die ersten Aborigines besiedelten
Australien vor etwa 40.000 Jahren. Damals bildete Indonesien eine (wenn auch
nicht völlig geschlossene) Landbrücke zwischen Australien und dem asiatischen
Festland. Nach und nach stieg der Meeresspiegel an und Australien wurde eine
Insel; die Bewohner blieben von nun an weitgehend unter sich.
Australien ist zwar ein riesiges Land, besteht aber zum größten Teil aus Wüste.
Lediglich die Ostküste und der Norden sind fruchtbar und grün, mit tropischen
und subtropischen Temperaturen
und entsprechender Vegetation. Bei der Ankunft der Europäer im Jahre 1770 lebten
in Australien etwa 300.000 bis 500.000 Aborigines in 600 Stämmen mit über 200
verschiedenen Sprachen, die sich über den ganzen Kontinent verteilten. Ihre
materielle Kultur war sehr einfach; sie besaßen nur wenige Werkzeuge, bauten
keine Häuser oder Hütten und waren nicht seßhaft. Im Gegensatz dazu verfügten
sie aber über eine sehr hoch entwickelte Sozialstruktur und ein elaboriertes
Verwandtschaftssystem und ihre religiösen und weltanschaulichen Vorstellungen
waren (und sind) sehr komplex.
Der folgenreiche Kontakt mit den Weißen
Die ersten Weißen in Australien hielten die Ureinwohner für eine Art Affen. Da
sie sich, im Gegensatz zu den Schwarzen im kolonialen Afrika nicht versklaven
ließen, trieb man im 19. Jahrhundert ihre systematische Ausrottung voran. Es
wurden Prämien ausgesetzt für die Tötung von Aborigines und die Männer der
besser gestellten Gesellschaftsschichten veranstalteten Treibjagden auf
Schwarze, als Sport und zur Unterhaltung. Zusammen mit den von den Weissen
eingeschleppten Infektionskrankheiten, wie Typhus, Pocken und Syphilis, gegen
die die Aborigines keinerlei Resistenz hatten, hätte dies beinahe zur
vollständigen Ausrottung der gesamten Rasse geführt. Gemäß einer Zählung aus den
40er Jahren gab es damals nur noch 20.000 Aborigines in ganz Australien; es ist
möglich, daß dabei die Mischlinge nicht mitgezählt wurden. Heute gibt es wieder
etwa 50.000 reinrassige Aborigines und 150.000 Mischlinge, (das sind 1,5 % der
Gesamtbevölkerung), die teils in Reservaten, teils in Städten leben. Ihre
Lebensbedingungen sind nicht gut, obwohl die australische Regierung sich
insbesondere in den letzten Jahren bemüht hat, den Lebensstandard der Aborigines
zu verbessern und ihnen zumindest einen Teil ihres Landes zurückzugeben.
Nichtdestoweniger bleibt der größte Teil der indigenen australischen Kultur
unwiederbringlich verloren, denn ganze Stämme wurden vollständig vernichtet, und
mit ihnen ihre Sprache, ihr Wissen, ihre Mythen, ihr ganzes kulturelles Erbe.
Die Rolle der Frau in der Ureinwohner-Gesellschaft
Wie bereits erwähnt führten die verschiedenen Aborigines-Stämme, die manchmal
nur ein paar Dutzend Mitglieder hatten, vor der Ankunft der Weißen ein
Nomadenleben. Dies bedeutet aber nicht, daß sie einfach ziellos umherwanderten,
sondern jeder Stamm hatte sein eigenes Gebiet, innerhalb dessen der Standort je
nach Jahreszeit und Ernährungslage gewechselt wurde. Nach einer bestimmten Zeit
an dem selben Ort wurden die Stammesmitglieder unruhig; sie sagten "das Herz
wird heiß" und zogen weiter. Die Naturverbundenheit dieser Menschen ist für uns
kaum nachvollziehabar. Sie kannten weder Bekleidung noch Behausungen, und
konnten nicht schlafen, wenn sie den Wind nicht im Gesicht spürten. Auch heute
noch ist es vielen weißen Australiern (und Touristen) unverständlich, warum die
Aborigines in den Reservaten nicht in den von der Regierung zur Verfügung
gestellten Wellblechbaracken wohnen wollen, sondern es vorziehen, im Freien zu
schlafen und die Fußbodenbretter als Brennholz zu verwenden.
Wie in vielen anderen traditionalen Gesellschaften gab es auch bei den
Aborigines eine mehr oder weniger ausgeprägte Arbeitsteilung unter den
Geschlechtern. Dies bedeutet, daß die Männer im Prinzip für die Jagd nach Tieren
zuständig waren, während die Frauen Früchte, Knollen, Kräuter und Samen
sammelten.
Es muß erwähnt werden, daß die Untersuchung und Beschreibung der australischen
Ureinwohnergesellschaft fast hundert Jahre lang von männlichen Anthropologen
vorgenommen wurde, die aufgrund ihrer geschlechtsspezifischen und
androzentrischen Betrachtungsweise die Fakten stark verzerrt darstellten. Sie
beschrieben die Frauen der Aborigines als "bloße Packesel, die ein Leben in
Monotonie führen und von ihren Männern beschämend schlecht behandelt werden" (Elkin
1939:251). Anthropologinnen und Ethnologinnen, wie Daisy Bates, Phyllis Kaberry
und Jane Goodale konnten hingegen nachweisen, daß die Frau in der eine wichtige
ökonomische Funktion und den entsprechenden Status besaß, und daß sie keine
"domestizierte Kuh" (Ashley Montagu, 1937:23) oder "Sklavin" (Malinowski
1913:278) war.
Entgegen der Vorstellungen der männlichen Anthropologen war die Arbeit der
Frauen im allgemeinen leichter und angenehmer als die der Männer, die unter
erheblichem Leistungsdruck standen und nach einem langen Tag in brütender Hitze
oft mit leeren Händen zurückkehrten. Die Frauen hingegen, die tatsächlich den
größten Teil der Nahrung für ihre Familien beschafften, fanden immer etwas. Sie
wanderten in kleinen Gruppen umher, unterhielten sich, konnten nach Gutdünken
Pausen einlegen und zur Erfrischung in Teichen schwimmen. Sie kannten die
Umgebung sehr genau, wußten, wo welche Pflanzen zu finden waren und wo sich
Wasserlöcher befanden. Auch waren sie durchaus in der Lage, kleinere Tiere zu
jagen. Nur gelegentlich jagten oder fischten Mann und Frau gemeinsam;
üblicherweise waren die männlichen und weiblichen Welten streng getrennt, was
sich nach Ansicht der Anthropologin Kaberry auch in der Sphäre der rituellen
Aktivitäten niederschlug.
Es wäre aber mit Sicherheit nicht richtig, daraus zu schließen, daß Männer und
Frauen bei den Aborigines gleichberechtigt waren; der Mann war eindeutig das
statushöhere Wesen und die Führung und Kontrolle des Stammes lag fast
ausschließlich in den Händen der älteren Männer, obwohl auch Frauen mit
zunehmendem Alter immer mehr Rechte erhielten.
Liebe und Sexualität, Ehe und Familie
Dies ist ein Thema, das die Phantasie der prüden männlichen Anthropologen
außerordentlich angestachelt hat. Immer wieder gibt es dunkle Andeutungen über
gräßliche, uralte Männer, die vorpubertäre Mädchen vergewaltigen, barbarische
Polygamie und andere "unaussprechliche Dinge" (Zit. in Rohrlich-Levitt,
1988:86).
Grundlage dieser wilden Spekulationen war der traditonell große
Altersunterschied zwischen Männern und Frauen bei der Heirat, das heißt, die
älteren Männer heirateten die jüngeren Frauen. Geschlechtsverkehr vor der
Pubertät gab es allerdings nicht. Daß junge Leute vor der Ehe sexuelle
Beziehungen hatten, war jedoch eine Selbstverständlichkeit. Hinzu kommt, daß der
Altersunterschied zwischen Ehefrau und Ehemann oft dazu führte, daß erstere sehr
schnell Witwe wurde und dann einen anderen, jüngeren Mann heiraten konnte.
Außerdem hielten sich junge Frauen, die mit alten Männern verheiratet waren,
sehr oft junge Liebhaber. Darüber wurde großzügig hinweggesehen.
In allen Angelegenheiten, die die weibliche Fruchtbarkeit betreffen, wie
Menstruation, Schwangerschaft und Geburt, halfen und unterstützten sich die
Frauen gegenseitig. Es gab geheime Gesänge und Rituale, von denen Männer
grundsätzlich ausgeschlossen blieben. Die Frauen hatten ein absolutes
Verfügungsrecht über ihren Körper und ihre Gebärfähigkeit. Sie kannten
Verhütungsmittel (unter anderem die besonders interessante Methode, unmittelbar
nach dem Geschlechtsverkehr durch geschickte Bewegungen und Kontraktionen den
Samen wieder auszustossen) und nahmen Abtreibungen vor; jüngere Frauen, weil sie
ihr Liebesleben ungestört geniessen wollten, ältere, weil sie es vorzogen,
relativ große Abstände zwischen den Geburten zu haben, um so das Risiko für die
eigene Gesundheit zu verringern und sich nicht unnötig zu erschöpfen.
Wenn die Kinder allerdings erst einmal geboren waren, wurden sie mit viel Liebe
und Zärtlichkeit behandelt. Während der Schwangerschaft gab es gewisse Regeln zu
beachten, (manche Nahrungsmittel wurden als schädlich für das Ungeborene
angesehen) und es gab geheime Rituale unter den Frauen, die die Geburt
erleichterten. In allen Phasen der Schwangerschaft bis zur Geburt standen die
Frauen einander bei und halfen sich gegenseitig.
Kleine Kinder genossen sehr viel Freiheit in der Aborigines-Gesellschaft. Sie
waren bei allen Aktivitäten der Erwachsenen dabei und jedes noch so ungehörige
Benehmen wurde ihnen verziehen. Auch die Väter kümmerten sich hingebungsvoll und
mit unendlicher Langmut um ihren Nachwuchs. Kinder wurden grundsätzlich nicht
bestraft, aber von älteren Kindern wurde erwartet, daß sie für die Kleinen eine
Art Vorbild darstellten.
Die Traumzeit
Die Traumzeit (engl. dreamtime) ist das zentrale Konzept in der australischen
Mythologie. Hier ist wichtig zu wissen, daß die Aborigines nicht den linearen
Zeitbegriff der westlichen Zivilisation hatten - die Traumzeit war vor langer
Zeit und ist immer noch, hier und jetzt. Die Traumzeit ist gleichzeitig ein
kontinuierlicher kreativer Prozeß, der vor Ewigkeiten begann und immer noch
anhält.
In grauer Vorzeit wanderten mythische Wesen über den ganzen Kontinent und
erschufen die Natur in all ihren Erscheinungsformen, die Jahreszeiten, Pflanzen,
Tiere und Menschen. Es gab sowohl männliche als auch weibliche Schöpferwesen,
die einander vollkommen ebenbürtig waren. Sie lehrten die Menschen auch das
Jagen und Sammeln, gaben ihnen Regeln des Zusammenlebens und Gesetze.
Nachdem diese "KulturheroInnen" ihre Pflicht erfüllt hatten, wanderten sie zum
Himmel oder in die Erde oder sie wurden zu Felsen, Hügeln, Flüssen und Seen.
Ihre immer noch ungebrochene Kraft fand eine Repräsentation in den heiligen
Gegenständen der Aborigines. Die mythologischen Schöpferwesen konnten während
ihres Aufenthaltes auf der Erde jede beliebige Form annehmen; sie traten als
Menschen, aber auch als Tiere, Pflanzen oder Naturerscheinungen wie Blitz,
Donner, Feuer, Wasser etc. in Erscheinung. Gleichzeitig waren sie auch die
Vorfahren der Menschen, die, je nachdem zu welchem Stamm oder welcher Gruppe sie
gehörten eine besonders starke Beziehung zu der jeweiligen Erscheinungsform
ihres Urahnen hatten. Dies nannten sie ihr "dreaming", das in etwa dem
nordamerikanischen Totem entspricht.
Es gab bestimmte Rituale, zu denen auch das regelmäßige Übermalen der heiligen
Felszeichnungen gehörte, die diese intensive Bindung aufrechterhielten und die
Kräfte der Vorfahren aktivierten. Diese Beziehungen und die Rituale waren
unerläßlich, um die Vermehrung von Pflanzen, Tieren und Menschen zu garantieren.
An ihren heiligen Stätten produzierten die Schöpferwesen nämlich unaufhörlich
die Seelen der Menschen, die sogenannten Geistkinder. Diese Geistkinder machten
sich entweder selbst auf die Suche nach ihren Eltern, oder die Eltern mußten
nach ihnen suchen. Dies geschah meist im Traum, wo das Geistkind dem Mann
erschien, der es dann an seine Frau weitergab. Ein Geistkind konnte sich aber
auch direkt mit seiner zukünftigen Mutter verbinden, wenn sie sich an heiligen
Orten aufhielt. Ohne das Geistkind, die Seele, konnte sich der Embryo im
Mutterleib nicht entwickeln. (Dieses recht esoterische Konzept führte unter
weißen Forschern zu der völlig falschen Vorstellung, die Aborigines wären sich
nicht über die biologischen Zusammenhänge von Zeugung und Geburt im Klaren).
Manche Stämme glaubten auch, daß die Seele des Menschen nach dem Tode wieder zu
seiner heiligen Ursprungsstätte zurückkehrte, um zu gegebener Zeit wiedergeboren
zu werden.
Spirituelles Leben und Geheimkulte der Frauen
Die ersten Anthropologen, die sich mit den Aborigines befassten, hatten kaum
Einblick in die spirituellen Aktivitäten der Frauen; sie projizierten ihre
eigene Frauenverachtung und ihre Furcht vor dem Weiblichen schlechthin auf die
Eingeborenenkultur und stellten fest, daß die australischen Männer "heilig"
waren und als einzige Zugang zu den spirituellen Kräften hatten, während die
Frauen angeblich als "unrein" galten, auch wegen ihrer Menstruation. Die ist
schlichtweg falsch. Körperliche Funktionen bei Mann und Frau wurden in der
Aboriginal-Gesellschaft nie tabuisiert.
Wahr ist, daß die Frauen von bestimmten geheimen Riten der Männer ausgeschlossen
waren, z. B. von Fruchtbarkeitskulte und Initiationen. Sie hatten jedoch ihre
eigenen heiligen Gegenstände, wie bemalte Grabstöcke, bemalte Holztäfelchen und
heilige Steine, die kein Mann je zu Gesicht bekommen durfte, sowie Zeremonien,
die sich auf die spezifisch weiblichen Lebensbereiche bezogen, und zu denen die
Männer keinen Zutritt hatten. Die rituellen Aktivitäten beider Geschlechter
waren von gleichrangiger Bedeutung, denn sie standen in Verbindung mit den
weiblichen und männlichen Vorfahren, und es war lebensnotwendig, den Kontakt zu
ihnen aufrecht zuerhalten. "Wir sehen also, daß diese rituellen Handlungen der
Frauen nicht für die Frauen bestimmt, sondern für die ganze Gesellschaft
notwendig waren, und daß die Handlungen der Männer ohne die der Frauen keinen
Sinn gehabt hätten". (Glowczewski 1989, S. 196)
Und heute?
Die Lebensumstände der heutigen Aborigines sind alles andere als gut. Die
meisten leben in ärmlichen Randsiedlungen der großen Ballungsgebiete und
verfügen nur über ein sehr geringes Einkommen. Ihre Lebenserwartung ist 20 Jahre
weniger als die von weißen Australiern. Die Kindersterblichkeit unter den
Schwarzen ist drei mal so hoch wie bei dem Rest der Bevölkerung.
Besonders tragisch sind die Folgen des Alkoholkonsums; abgesehen davon, daß die
Spirituosen einen großen Teil des ohnehin spärlichen Einkommens verschlingen,
vertragen die Aborigines Alkohol überhaupt nicht und werden sehr schnell
betrunken, was sie allerdings nicht davon abhält, stundenlang weiterzutrinken.
Eine Folge davon sind ständige Reibereien mit der Polizei wegen "ungebührlichen
Benehmens", Gewalttätigkeiten usw. Eine große Zahl von Aborigines landet deshalb
im Gefängnis, und viele von ihnen kommen nicht mehr lebend heraus. Andere
gravierende Folgen des Alkohols sind die Schäden für die Gesundheit; neben
Leberzirrhose sind auch tödliche Vergiftungen mit Methyalkohol nicht selten.
Ein verschwindend geringer Prozentsatz von Aborigines erwirbt eine westliche
Bildung und passt sich der westlichen Lebensweise an; für die meisten Aborigines
ist dies jedoch überhaupt nicht wünschenswert, denn rassistische Vorurteile
gegenüber Schwarzen sind in Australien immer noch die Norm. Bei meiner ersten
Feldforschung in Australien traf ich einen weißen Regierungsangestellten, der
für die Kooperation mit einem Reservat im Norden von Queensland zuständig war.
Nach einem längeren Gespräch und ein paar Bier zu viel brach er plötzlich
weinend zusammen und erzählte mir vor seiner schwarzen Frau im Reservat, die er
über alles liebte, und ihrer gemeinsamen kleinen Tochter. Er konnte sie nur alle
drei Monate besuchen, und war gezungen, die Existenz von beiden vor seinen
Kollegen geheimzuhalten, sonst hätte er seinen Job aufgeben müssen - selbst wenn
man ihm aus rechtlichen Gründen nicht hätte kündigen können, hätten seine
Kollegen ihm das Leben zur Hölle gemacht. Aber er wollte und brauchte die
Arbeit, um Frau und Kind finanziell unterstützen zu können.
Das Hauptproblem der schwarzen Bevölkerung ist der Identitätsverlust und die
Perspektivelosigkeit, denn obwohl es inzwischen wieder relativ große Gebiete
gibt, die ausschließlich den Schwarzen gehören und die Weiße ohne schriftliche
Erlaubnis gar nicht betreten dürfen, gibt dies den Aborigines keinen Lebenssinn.
Sie können nicht mehr leben wie ihre Vorfahren, denn es fehlt die überlieferung
der Methoden des überlebens im Busch und der Stammeszusammenhang; Frauen sind in
besonderer Weise davon betroffen, denn bei 62,2% des einkommensschwachsten Teils
der schwarzen Bevölkerung handelt es sich um alleinerziehende Mütter.
Es ist auch nicht möglich, die Existenz der weißen Zivilisation völlig zu
ignorieren, denn schließlich pilgern jährlich tausende von Touristen zum Ayers
Rock, dem heiligen Berg der Aborigines, und wollen die Höhlenzeichnungen und
traditionellen Tänze sehen. Etliche Aborigines haben inzwischen aus der Not eine
Tugend gemacht und verkaufen Bumerangs, Rindenmalereien, Musikinstrumente und
andere kunsthandwerkliche Artikel mit traditionellen Designs. Es gibt auch
eigenständige Unternehmen in Schafzucht und Landwirtschaft. In einigen Schulen
der Reservate werden heute wieder die alten Sprachen gelehrt und Wissen über das
kulturelle Erbe der Aborigines vermittelt. Dennoch wird es sicher noch lange
dauern, bis die Aborigines ihre eigene Identität und ihr Selbstbewußtsein
zurückgewinnen. Die Weißen müssen hierzu auch ihren Teil beitragen, indem sie
die kulturelle und historische Andersartigkeit der Aborigines anerkennen und
würdigen.
Literaturliste
Baker, John: Die Australiden - australische Urbevölkerung, in: Die Rassen der
Menschheit. Merkmale, Unterschiede und ihre Beziehungen zueinander. Stuttgart
1976.
Blackburn, Julia: Daisy Bates in der Wüste. Berlin 1994.
Dupuis-Panther, Ferdinand: Australien. Ein Reisebuch. Hamburg 1990.
Glowczewski, Barbara: Frauengeschäfte - "Geschäfts"-Frauen. Die Walpiri in der
zentralaustralischen Wüste, in: Arbeitsgruppe Ethnologie Wien (Hg.): Von fremden
Frauen. Frausein und Geschlechterbeziehungen in nichtindustriellen
Gesellschaften, Frankfurt/Main 1989, S. 172-215.
Goodale, Jane C.: Tiwi Wives: a study of the women of Melville Island. Seattle
1971.
Hirschberg, Walter (Hg.): Neues Wörterbuch der Völkerkunde. Berlin 1988.
Kaberry, Phyllis: Aboriginal Woman: Sacred and Profane. London 1939.
Rohrlich-Leavitt; Sykes, Barbara; Weatherford, Elizabeth: Die Aborigines-Frau.
Männliche und weibliche Betrachtungsweisen in der Ethnologie, in:
Schaeffer-Hegel, Barbara; Watson-Franke, Barbara: Männer Mythos Wissenschaft.
Grundlagentexte zur feministischen Wissenschaftskritik, Pfaffenweiler 1988, S.
83-98.
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