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Australiens Geschichte
Obwohl Australien der westlichen Welt nicht bekannt war, spielte es doch
in der spätmittelalterlichen Logik und Mythologie eine bedeutende
Rolle, denn man nahm zu dieser Zeit an, dass ein großes so genanntes Südland,
das von den Geographen auch als Terra Australis Incognita bezeichnet
wurde, zur Ausbalancierung der nördlichen Landmassen in Europa und
Asien notwendig sei. Die Terra Australis erschien auf den frühen europäischen
Weltkarten häufig als große, kugelförmige Masse, die zufällig ungefähr die der Realität
entsprechende geographische Lage einnahm, obwohl von den Europäern erst
sehrviel später echte Entdeckungen dokumentiert wurden.
1. Portugiesische und spanische Entdeckungsreisen
Infolge der systematischen Erforschung der afrikanischen Westküste in südlicher
Richtung, die von den Portugiesen im 15. Jahrhundert auf der Suche nach
einer Handelsroute nach Indien vorgenommen wurde, entfachte sich das
Interesse der Europäer an der Entdeckung der legendären Terra
Australis erneut. Portugal, das schon bald den Handel mit Indien und
Ostafrika dominierte, verlor jedoch das Interesse daran, weiter in östlicher und
südlicher Richtung vorzustoßen. Aber auch aus anderen Gründen blieb
Australien in der darauf folgenden Zeit weiterhin unentdeckt. Zunächst
einmal befand es sich abseits des ozeanischen Handelskorridors im
Indischen Ozean und im Südpazifik. Zusätzlich dazu driften die
Windsysteme der südlichen Hemisphäre hier in nördlicher Richtung zum
westlich von Australien liegenden Bereich des Äquators ab, während die
starken Gegenwinde östlich des australischen Festlandes das Segeln
entgegen der ausgeprägtenWindsysteme erschwerten.
Im 16. und frühen 17. Jahrhundert entsandte Spanien, das zu dieser Zeit
bereits seine Vormachtstellung als Kolonialreich in Süd- und
Zentralamerika gesichert hatte, einige Expeditionsschiffe von Peru in
den Südpazifik. Die offiziellen Vertreter der spanisch dominierten
Neuen Welt wurden durch die Entdeckung der Salomon-Inseln nordöstlich
von Australien durch Álvaro de Mendaña 1567 dazu ermutigt, 1595 und
1605 Expeditionen zu entsenden, von denen sie sich erhofften, für das
Spanische Reich Gold und für die römisch-katholische Kirche die Terra
Australis zu entdecken. Nach dem Fehlschlag dieser Entdeckungsreisen,
die weder die erhofften Edelmetalle mitbrachten noch die Entdeckung
bedeutender Landmassen zur Folge hatten, verlor Spanien sein Interesse
an derartigen Unternehmungen und führte keine weiteren Expeditionen
mehr durch.
2. Niederländische Interessen
Die wirtschaftliche Verflechtung Portugals mit Indien und die
Entmutigung der Spanier von weiteren Forschungsunternehmungen ermöglichten
den Niederlanden als aufstrebender Macht im 17. Jahrhundert die
Errichtung einer Reihe von Handelszentren, die sich vom Kap der Guten
Hoffnung bis nach Niederländisch-Indien (Indonesien) zogen. Die Niederländer,
die ihre Niederlassungen vorwiegend in den indonesischen Hafenstädten
Bantam und Batavia (Jakarta) hatten, ließen den europäischen Traum von
der Entdeckung Australiens schon bald zur Wirklichkeit werden. Mit Hilfe
besserer Segelschiffe waren sie in der Lage, die widrigen Gegebenheiten
im Südpazifik erfolgreich zu überwinden. Anfang 1606 drang Willem
Janszon mit seinem Segelschiff in die Torresstraße vor, die zwischen
dem australischen Festland und Neuguinea verläuft, und sichtete einen
Teil der australischen Nordküste an der Westseite der
Kap-York-Halbinsel, den er Kap Keer-Wear taufte. Die von ihm befahrene
Wasserstraße wurde später nach Luis Vaez de Torres benannt, dem
letzten der spanischen Forschungsreisenden, der nur wenige Wochen später
in das gleiche Gebiet segelte und schlussfolgerte, dass Neuguinea eine
Insel sei, Australien jedoch mit fast hundertprozentiger Sicherheit
nicht sichtete.
Niederländische Generalgouverneure in Batavia fühlten sich nach den
Reisen von Janszon dazu ermutigt, weitere Expeditionen in den südlichen
Ozeanen zu veranlassen. Im Oktober 1616 wurde die Eendracht unter dem
Kommando von Dirk Hartóg das erste Schiff, von dem aus Europäer an der
Shark Bay in Western Australia australischen Boden betraten. Zwischen
1626 und 1627 erforschte Peter Nuyts ungefähr 1 600 Kilometer der südaustralischen
Küste, und andere Niederländer vervollständigten das noch bruchstückhafte Bild des
neuen Kontinents durch Informationen über die Nord- und Westküste. Die
bedeutendste Entdeckungsarbeit leistete jedoch Abel Janszoon Tasman ,
der 1642 nach der Erforschung der Meere in die Gewässer Südaustraliens
segelte und die Westküste der heute als Tasmanien bekannten Insel
sichtete. Tasman taufte diese Insel nach dem Gouverneur von Niederländisch-Indien,
der diese Expedition initiiert hatte, auf den Namen Van Diemen's Land.
Danach drang er weiter in östlicher und nördlicher Richtung vor und
entdeckte Neuseeland. Tasman unternahm 1644 eine zweite Expedition zur
Nordküste. Trotz der rasch voranschreitenden Erforschung des
Kontinents, der von seinen ersten Entdeckern Neuholland genannt wurde,
ließen die Niederlande ihren Neuentdeckungen keine formelle
Inanspruchnahme im Namen des eigenen Landes folgen. Ihrem Ermessen nach
boten diese Gebiete nur wenig, was für den europäischen Handel von
Interesse
hätte sein können. So stand der später folgenden Ankunft der Engländer
nichts im Weg.
3. Britische Expeditionen und Besitzergreifung
Zu Beginn schien dem Interesse der britischen Regierung an Australien
das gleiche Schicksal wie bei den Spaniern und den Niederländern
bestimmt zu sein. 1688 ging der englische Seeräuber William Dampier im
Nordwesten an Land. Nach seiner Rückkehr nach England veröffentlichte
er das Buch Voyages und überredete die Verantwortlichen der Marine,
eine erneute Fahrt finanziell zu unterstützen, um nach den angeblichen
Reichtümern des Landes zu forschen. Die zweite Expedition von Dampier,
bei der er in den Jahren 1699 bis 1700 rund 1 600
Kilometer an der Westküste entlangsegelte, führte zu der
detailliertesten Dokumentation dieses Kontinents in der damaligen Zeit,
schilderte jedoch das Land und seine Bevölkerung in dermaßen
trostloser Art und Weise, dass die Engländer (ab 1707 Briten) ihr
Interesse an einer weiteren Erforschung Australiens für die folgenden
70 Jahre verloren.
1768 verließ Kapitän James Cook mit der Unterstützung der britischen
Admiralität auf der ersten seiner insgesamt drei Entdeckungsreisen
England. Die drei Jahre dauernde Expedition führte ihn u. a. auch nach
Australien. 1770 entdeckte Cook die Botany Bay an der Ostküste und
landete im Norden bei Possession Island, wo er am 23. August die Gegend
im Namen der britischen Krone in Besitz nahm und auf den Namen New South
Wales taufte. Er und seine Mannschaft, zu der auch der Botaniker Sir
Joseph Banks gehörte, befürworteten später die Besiedlung
Australiens. Cooks zweite und dritte Entdeckungsreise in den siebziger
Jahren ergänzten die bereits vorhandene Information über Australien
und festigten die britische Anspruchshaltung auf den Kontinent.
Das Interesse Frankreichs war weniger ausgeprägt als das von Großbritannien.
Marion Dufresne konzentrierte sich bei seiner Fahrt 1772 auf die
Anfertigung von Landkarten und die Beschreibung der unwirtlicheren Westküste
Tasmaniens, und später erkundeten französische Seefahrer die Südküste
von Australien. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Briten jedoch bereits die
erste australische Siedlung eingerichtet und von der östlichen Hälfte
des Kontinents Besitz
ergriffen. Trotz der anhaltenden Bemühungen der Briten wurden die
australischen Küsten
erst im 19. Jahrhundert vollständig erkundet. Matthew Flinders , ein
Marineoffizier, umrundete in der Zeit von 1801 bis 1803 erstmals den gesamten Kontinent. Er erfasste
einen Großteil der Küstenlinie kartographisch und konnte dadurch
belegen, dass es sich bei Australien um eine einzige große Landmasse
handelte. Bereits 1798 hatte Flinders zusammen mit dem Marinearzt George
Bass erstmals Tasmanien umsegelt und so dessen Inselform bewiesen.
Flinders Bemühungen ist es außerdem zu verdanken, dass der Kontinent
nicht den Namen Neuholland beibehielt, sondern auf seinen Vorschlag hin
in Anlehnung an Terra Australis ab 1817 offiziell als
Australien bezeichnet wurde. Obwohl die Küsten bereits weitestgehend
kartographiert worden waren, besaß man in Europa erst in den siebziger
Jahren des 19. Jahrhunderts detailliertere Informationen über
diewichtigsten geographischen Strukturen im Inland.
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