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Australien feiert The
Year of the Outback. Höhepunkt ist der Hunderte Kilometer lange
Great Australian Outback Cattle Drive.
Wo liegt
der Birdsville Track ?
Die 350 Rinder stampfen unruhig in ihrer
Umzäunung. Sie sind hungrig. Ihre Hufe wirbeln Staub auf, der in der
stillen Morgenluft wie eine duftige Wolke über der Herde hängt.
Rindergebrüll liegt über der öden Landschaft. Eric Oldfield, 70
Jahre alter Stockman und einer der letzten professionellen so
genannten Drover (Viehtreiber) des Landes, und sein Cousin Shane
halten die nervösen Pferde im Zaum. Gordon Litchfield sitzt bereits
im Sattel und auch die 19-jährige Jessi, Shane Oldfields Tochter,
ist fertig. Dann öffnet Gordon das Gatter und die Herde zieht
hinaus. Rinder, Staub, Morgensonne - ein perfektes
Wildwestklischee.
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Vor einigen Jahren saßen
Keith Rascheed, Kevin Oldfield, Shane Oldfield und Eric Oldfield bei
ein paar Flaschen eiskalten Biers und einer Flasche Bundaberg Rum.
Sie sinnierten über jene Zeiten, als das Leben im Outback noch mehr
Biss hatte. Als die Drover noch die Herren des Birdsville Track,
einer berüchtigten "stock route", waren. 1972 fand der letzte
Viehtrieb entlang dem Birdsville Track statt. Das Ende einer Ära.
Damals war Eric "boss drover". Fünf der neun Rinderstationen entlang
der "stock route" gehörten einst der Oldfield-Familie. Mit sechs
Jahren ritt er sein erstes Pferd, mit 16 leitete er seinen ersten
Viehtrieb und war verantwortlich für 450 Rinder und vier
Viehtreiber.
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Die über 50 Meter langen
Roadtrains machten wochenlange Viehtriebe überflüssig. Sie
übernahmen den Job, der früher Wochen dauerte - schnell, effizient,
aber ohne Romantik. Eric vermisste das staubige Drover-Leben, die
Camps in der ungeschützten Ödnis, den Sand zwischen den Zähnen. "Es
war ein trauriger Tag", sagt er, "als es mit den großen Cattle
Drives vorbei war. Ich vermisse das." Deshalb wollte er es noch
einmal machen. Zum allerletzten Mal. Eine Idee war
geboren.
Der Track beginnt in
einem Kaff, das vor allem wegen seines Pubs bekannt ist. Der
Echte-Kerle-Tränke hängt nach wie vor ein wildes Image wie übler
Körpergeruch an. Die Realität sieht anders aus. Das "Birdsville
Hotel" zeigt sich zahm. Die vierschrötigen Outback-Originale sind
selten geworden. Es dominieren "city folks" mit PS-starken
Allradfahrzeugen.
Zur Jahrhundertwende war
der Ort mitten im Nichts Mautstation für Rinder, die von den fetten
Weidegründen in Queensland über die Grenze nach Südaustralien bis
nach Marree getrieben wurden. Von dort wurden die Tiere dann per
Bahn zu den Märkten im Süden des Kontinents geschafft. Dort hauten
die rauen Kerle, die Stockmen und Drover, nochmals richtig auf den
Putz, bevor sie mit den Rindern hinauszogen in die gleißende
Endlosigkeit. Dann folgten 516 Kilometer Hölle auf Erden. Tage, an
denen 45 Grad im Schatten die Regel waren.
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Auf dem Kamm der Big
Red. Die höchste Sanddüne der Simpson Desert liegt gut 40 Kilometer
von Birdsville entfernt im so genannten Dünenland. Der rote Sand
glüht im letzten Licht. Die Rillen im Sand werfen Schatten. Vogel-
und Reptilienspuren bilden Muster. Es ist ruhig, friedvoll, schön.
Die nächste Sandwelle ist keinen Kilometer entfernt, dahinter folgt
die nächste. Ein Waschbrett von gigantischen Ausmaßen. Das Herz der
am meisten verstädterten Nation der Welt schlägt im Outback. Hier
ist Australiens Seele zu Hause. Die Sandwellen der Simpson Desert
werden abgelöst von Gibber Plains. In der Sturt Stony Desert
überwältigt einen das Gefühl der Ausgesetztheit. So weit das Auge
reicht, erstrecken sich Ebenen aus windpolierten Kieseln. Das Land
schimmert, Hitzespiegelungen gibt es als surreale
Dreingabe.
Beim "Mungerannie Pub"
biegen wir ab. 307 staubige Kilometer auf der rauen Schotterpiste
des Birdsville Track liegen hinter uns. Weiter zur Cowarie Station.
Die Rinderstation ist im Besitz der 39-jährigen Sharon Oldfield -
ein gewaltiges Stück Land, geprägt von Lehmpfannen, baumloser Ödnis,
Gibber-Ebenen und Sanddünen.
Cowarie Station ist eine der
erfolgreichsten Rinderstationen Australiens - und Sharon ein
typisches Produkt des Outback. Sharon wuchs in Sydney auf, arbeitete
dort als Krankenschwester. Dann verliebte sie sich in den Besitzer
einer Rinderstation und vertauschte die Cappuccino-Gesellschaft
Sydneys mit der harten Realität des Outback.
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Das Leben in dieser
wilden Landschaft hat sie stark und unabhängig gemacht. Als ihr Mann
vor sieben Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, stand sie
plötzlich allein da - mit kleinen Kindern, 4.000 Quadratkilometer
Land (das ist eine Fläche fast so groß wie die Insel Mauritius) im
Wert von fünf Millionen Dollar und ein paar tausend Rindern. Nach
drei Wochen intensiver Trauer und tiefster Verzweiflung begann sie
zu kämpfen.
Schwäche hat hier
draußen keinen Platz. Nur wer mit lähmender Hitze, Dürre- und
Flutkatastrophen, Staub und Isolation fertig wird, überlebt. Von
persönlichen Tragödien zu schweigen. Heute gilt Sharon als eine der
erfolgreichsten Viehzüchterinnen des Landes. Ihr Rindfleisch
verkauft sich bestens.
Das Aussortieren der
Rinder ist in vollem Gang. Momentan gibt es 5.000 Tiere auf der
Cowarie Station, doch trotz der enormen Größe kann das Land nur an
die 4.000 Rinder ernähren. Auf 1.000 von ihnen wartet der
Schlachthof. Außerdem müssen die jungen Stiere noch mit dem
Brandzeichen der Cowarie Station versehen und kastriert werden. Das
Eisen glüht im Feuer.
Die sehnigen, schnellen
Pferde reagieren auf die kleinste Bewegung. Bleiben auf der Stelle
stehen. Drehen sich blitzschnell. Schnellen vom Stand in vollen
Galopp, um Ausreißer zur Herde zurückzutreiben.
Am nächsten Tag sind wir
früh im Sattel. 350 Rinder trotten gemächlich vor uns durch die
blühende Wüste. Die Tiere fressen sich im Gehen satt. Eric
kontrolliert mit zusammengekniffenen Augen das umliegende Land.
Rindertreiben sei etwas für alte Stockmen, meinte Eric gestern am
Lagerfeuer. Die jungen seien zu unruhig, das langsame Tempo gehe
ihnen auf die Nerven. Sie müssten sich erst die Hörner abstoßen.
Darum ist das Treiben die Domäne der alten Männer. Später fragt
Eric, ob es mir nicht langweilig sei. Weit gefehlt! Ich genieße den
langsamen Trott und habe Zeit für ein Rechenexempel.
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Knapp 250 Kilometer sind
es von der Cowarie Station noch bis Marree. Bei 16 Kilometern pro
Tag sind das noch etwas mehr als zwei Wochen. Über zwei Wochen
Staub, Dunggeruch, Rindergebrüll. Nächte draußen unter einem
Sternenhimmel, an dem die Milchstraße wie ein Bumerang hängt.
Gespräche mit Menschen wie Eric, dessen Leben Stoff für einen Roman
hergäbe. Der Stopp an der Tränke des "Mungerannie Pub" mit einem Bad
in den heißen Quellen dahinter...
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